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Gesprächszyklus
Gesprächszyklus

respect_NFI-Gesprächszyklus: Internationale (Jugend-)Partnerschaften zwischen globaler Solidarität und Klimakrise 

NACHLESE ZUM ONLINE-GESPRÄCH AM 26. JUNI 2024 

Ein Videomitschnitt ist hier verfügbar: https://youtu.be/3zd2TCSXluA
 
Als weltweit agierendes Netzwerk engagieren sich die Naturfreunde für eine nachhaltige Entwicklung von Umwelt und Gesellschaft auf regionaler, nationaler und globaler Ebene. Dabei stehen die internationale Solidarität und der interkulturelle Austausch – insbesondere zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden – sowie Klimagerechtigkeit im Fokus. 

Internationale Netzwerkarbeit ist aber auch mit Reisetätigkeit und damit mit CO2-Emissionen verbunden. Wie kann es gelingen, einerseits Bewusstsein zu schaffen für den klimatischen Fußabdruck internationaler Arbeit und andererseits Maßnahmen zu setzen, um diesen zu verringern? 
 
Mamadou Sylla (Präsident der Internationalen Naturfreundejugend IYNF) und Sina Franz (Generalsekretärin der Internationalen Naturfreundejugend IYNF) stellten die Ergebnisse des internationalen Projekts „Greening International Youthwork“ vor: Modellprojekte in Senegal/Gambia sowie konkrete Tools und Maßnahmen, die dabei unterstützen, die Klimaauswirkungen internationaler Jugendarbeit möglichst gering zu halten.  
Ingeborg Pint, Dolmetscherin und jahrelange Reiseleiterin von Naturfreundereisen in Afrika, berichtete, wie die Reisen nach Senegal und Gambia zahlreiche nachhaltige Initiativen und Projekte in der Region angestoßen haben und weiter unterstützen. 

 

Ingeborg, du begleitest und leitest seit vielen Jahren Naturfreundereisen in Afrika. Wie kann man sich eine Reise mit dir vorstellen und was ist das Besondere an den Naturfreundereisen?

Das Besondere an den Naturfreunde-Reisen ist, dass sie in ganz enger Zusammenarbeit mit den Naturfreund*innen im betreffenden Land entwickelt werden. Das Motto der Naturfreundreisen ist „Freund*innen besuchen Freund*innen“, sie sind geprägt von gegenseitigem Interesse und Respekt und dienen dazu, Vorurteile abzubauen. Einerseits verstehen nach so einer Reise die europäischen Teilnehmer etwas mehr von den Lebensbedingungen in einem afrikanischen Dorf oder Kleinstadt, andererseits ist für die Dorfbewohner der Kontakt mit Europäern sehr wertvoll, weil er wertschätzend und solidarisch ist. Diese gegenseitige Sensibilisierung ist uns sehr wichtig.

Einen Eindruck von den Reisen vermittelt unsere "Virtuelle Reise in den Senegal/das Gambia" in unserem tourism_LOG (tägliche Reiseberichte in Deutsch, Englisch und Französisch): https://tourismlog.respect.at/afrika/
 
https://tourismlog.respect.at/virtuelle-reise-nach-senegal-und-gambia-ein-rueckblick-le-voyage-virtuel-au-senegal-et-en-gambie-un-bilan-virtual-trip-to-senegal-and-the-gambia-a-review/#more-4741

Informationen zur Landschaft des Jahres Senegal/Gambia: https://www.nf-int.org/themen/landschaft-des-jahres/aktivitaeten/landschaft-des-jahres-senegalgambia
 
Ingeborg, die Reisen haben im Laufe der Jahre nicht nur Naturfreund*innen aus Europa und Afrika einander nähergebracht, sondern auch nachhaltige Projekte initiiert – vor allem in Senegal und in Gambia ...

Flüge in Zeiten der Klimakrise sind problematisch, das ist uns bewusst. Dennoch haben die Naturfreundereisen nach Afrika in den letzten 20 Jahren viele Projekte internationaler Solidarität initiiert, die die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort und das Klima verbessern sollen. Diese Reisen haben auch dazu beigetragen, das Bewusstsein für nachhaltigen Tourismus zu schärfen, z.B. durch die Ausbildung von jungen Menschen als Guides mit Fokus auf "Community Based Tourism" durch JUST ACT, einer Partnerorganisation der NFI in Gambia.

(Weitere Informationen: Community Based Tourism - Chancen für die Zukunft junger Menschen in Gambia schaffen
https://tourismlog.respect.at/community-based-tourism-als-zukunftschance-fuer-junge-menschen-in-gambia-community-based-tourism-creating-opportunities-for-young-peoples-future-in-the-gambia/)

Andererseits wurden konkrete Projekte durch Spenden von Naturfreund*innen aus dem Globalen Norden ermöglicht, die gemeinsam mit den afrikanischen Partner*innen entwickelt wurden, z.B.:

  • Bau eines Ausbildungszentrums für Mädchen und junge Frauen in Nordsenegal, das neben Berufsausbildungen auch Umweltwissen vermittelt
  • Austauschprogramme für Schüler in Senegal und Gambia mit Fokus auf Umwelt- und Klimaproblematik
  • Unterstützung einer Frauengruppe in Kamb in Senegal, die Gemüse anbaut
  • Klimafonds der NFI, der Obstbaumpflanzungen zur Förderung von Klimaschutz und Ernährungssicherheit unterstützt (https://climatefund.nf-int.org/aktuelle-projekte/)
  • Wiederbelebung des Kankurang-Festivals in Gambia 
  • geplante Photovoltaik-Anlagen an Schulen und am Naturfreundehaus in Dakar/Senegal 

 

Mamadou, ihr habt mit der Wiederaufforstung von Mangroven ein sehr interessantes Projekt zur Bekämpfung des Klimawandels. Kannst du uns kurz erklären, wie dieses Projekt zustande gekommen ist und was eure Beweggründe dafür sind?
 
Am Beginn stand die Frage: Können die Emissionen, die durch Reisetätigkeit der Teilnehmer*innen an (Klimaschutz-)Projekten gerechtfertigt werden? Wichtig ist der Inhalt der Reise, die Erkenntnisse und Erfahrungen, die die Teilnehmer*innen von der Reise mitnehmen – und vor allem die Menge der Aktionen, die wir initiieren und umsetzen.

Hintergrund für das Mangroven-Aufforstungsprojekt ist die Tatsache, dass Senegal stark mit der Küstenerosion zu kämpfen hat – was eine Folge des Klimawandels ist. Die Mangroven verhindern nicht nur die Küstenerosion, sondern speichern zudem viel CO2. Für Senegal ist die Aufforstung der Mangroven demnach eine wichtige Maßnahme, um seine CO2-Emissionsreduktionsziele zu erreichen. Durch die Einbindung der Bevölkerung leistet das Mangroven-Aufforstungsprojekt zudem einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung der Menschen und motiviert sie, auch selbst aktiv zu werden.

mangove planting


 
Mamadou, du bist auch Mitglied der "The Loss and Damage Youth Coalition", einer Allianz von Jugendlichen aus dem globalen Süden und Norden mit 1.000 Mitgliedern in über 90 Ländern. Wie kannst du dein Engagement und deine Erfahrungen aus der Arbeit mit jungen Menschen auf die politische Ebene bringen?

Es ist wichtig, sich als Aktivist*in zu engagieren, aber noch wichtiger ist es, dass junge Menschen stärker in die politischen Entscheidungsfindungsprozesse und in die Politik eingebunden werden. Dabei unterstützt “The Loss and Damage Youth Coalition” junge Menschen. 

Und auch bei Projekten der IYNF ist dieser Aspekt immer mehr im Fokus. Wir müssen die Themen Klimaschutz und Klimagerechtigkeit den politischen Entscheidungsträgern*innen näherbringen, damit sie die richtigen Entscheidungen für eine gute Zukunft für uns alle treffen. Das ist nicht einfach, aber sehr wichtig.

The Loss and Damage Youth Coalition: https://ldyouth.org/

Sina, das Mangrovenaufforstungsprojekt ist auch Teil eures internationalen Projekts "Greening International Youthwork", in dem ihr Instrumente und Methoden entwickelt habt, um die internationale Jugendarbeit nachhaltiger zu gestalten. 

Das war ein zwei-jähriges Erasmus+-Projekt mit der Natrufreundejugend Deutschland und Italien, Biodiversa (Spanien), ASAN, IYNF. Das Mangroven-Aufforstungsprojekt war ein bedeutender Teil davon. Es war nicht nur ein Jugendaustausch, sondern das erste Mal, dass zwei afrikanische Organisationen gefördert wurden: ASAN (Senegal, NFI-Mitglied) und CREDIT ONG (Benin, Partnerorganisation der NFI). Entstanden ist das Handbuch „Mangroves - Natural heroes to combat climate change“. Die Tipps und Ideen aus dem Handbuch können ganz einfach für andere Aktivitäten abseits vom Themenschwerpunkt Mangrovenaufforstung  adaptiert werden! 

Handbook “Mangroves - Natural heroes to combat climate change”: https://www.naturfreundejugend.de/materialien/rubrik/-/show/409/mangroves_natural_heroes_to_combat_climate_change/
 
 
Weiters ist ein Curriculum für die Jugendarbeit entwickelt worden. Mit speziellen Methoden für die Kurs- bzw. Workshopgestaltung und Ideen, wie das Thema Nachhaltigkeit in die Bildungsaktivitäten eingebaut werden kann.

Greening International Youth Work Curriculum: https://www.naturfreundejugend.de/materialien/rubrik/-/show/408/greening_international_youth_work_curriculum/

Sina Franz gab auch detaillierte Einblicke in das Handbuch "Greening International Youth Work" – derzeit nur als Printversion (bald auch digital) erhältlich, gedruckt auf Algenpapier. Themen sind unter anderem Mobilität, Unterkunft, Aktivitäten vor Ort, Abfallmanagement, Lichtverschmutzung und vieles mehr. Im Fokus steht auch die Bewusstseinsbildung - z.B. zum Thema CO2-Kompensation, indem aufgezeigt wird, wie viel Wald aufgeforstet werden müsste, um den eigenen CO2-Ausstoß einigermaßen zu kompensieren ...

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Ein Print-Exemplar des Handbuches kann kostenlos im Büro der Natrufreundejugend Deutschland in Berlin und im NFI-Büro in Wien abgeholt werden; oder über IYNF bestellt werden (die Portokosten werden verrechnet). Kontakt: sina@iynf.org

Die App cliMATEs ist ein weiteres Tool, das Sina Franz im Detail vorstellte:
Sie liegt in einer englischen und deutschen Version vor – als App (im Google Playstore oder Apple Appstore verfügbar) oder Internet-Version. Es ist auch eine französische Version verfügbar, eine App ist noch in Entwicklung.

Das Tool unterstützt dabei, den ökologischen Fußabdruck von Aktivitäten zu analysieren und zu errechnen, und in weiteren Schritten Verbesserungen und Optimierungen vorzunehmen, um die CO2-Emissionen zu verringern. 

App cliMATEs: https://climates.app/auth/login/

Französisch/deutsche Version CO2-Rechner: https://dekarbo.dfjw.org/fr/calculator

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