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@ NFI/Anna Kodek
@ NFI/Anna Kodek

Call4Action: Nachhaltigen Tourismus aktiv mitgestalten!

Das waren die Travel Action Days 2024!
 
Welche Auswirkungen hat die Tourismuswirtschaft auf unsere Umwelt, auf das Klima, auf die wirtschaftliche Wertschöpfung in den Destinationen und auf die Menschen, die in den Destinationen leben und arbeiten? Wie kann der Tourismus eine nachhaltige Entwicklung der Welt, wie es die Agenda 2030 mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen anstrebt, unterstützen? Wie kann ich selbst dazu beitragen? Darüber machten sich Schüler*innen der Berufsschule für Handel und Reisen in Wien, die als Lehrlinge bereits in der Tourismusbranche arbeiten, Gedanken. Mit dabei waren jeweils zwei Klassen des ÖBB-Bahnreise- und Mobilitätslehrgangs sowie des Lehrgangs „Reisebüroassistent*in“. 
 
Am Anfang stand die Dokumentation „The Last Tourist“. Sie zeigt die Schattenseiten des globalen Tourismus auf – Overtourism, Tierquälereien hinter den Kulissen von Delphinshows und Elefantenreiten, das Leid von Kindern in Waisenhäusern, die nur für kommerzielle Zwecke eingerichtet werden, um die Bedürfnisse von Volunteers abzudecken …

Im Anschluss an die Filmvorführung waren die Filmemacher*innen – Jesse Mann und Tyson Sadler – via Zoom zugeschalten und die Schüler*innen nutzten diese Gelegenheit eifrig, um ihnen Fragen zum Film und zu ihrer Einschätzung der aktuellen Tourismusentwicklung zu stellen. Auch wenn der Film viele negative Auswirkungen des Tourismus auf die Umwelt und die Menschen aufzeigt, so zeigt er auch Alternativen auf – Projekte und Initiativen, die zeigen, dass es auch anders geht. Diese positive Message betonte auch die Filmproduzentin Jesse Mann, die die Schüler*innen dazu motivierte, das positive Potenzial des Tourismus in den Fokus zu stellen; sie selbst hätten es in der Hand, als zukünftige Touristiker*innen eine nachhaltige Zukunft des Tourismus mitgestalten.

© NFI
© NFI

 

Mit der Zukunft des Tourismus beschäftigten sich die Schüler*innen dann auch in Workshops mit respect_NFI. Sie recherchierten nachhaltige Alternativen zu den Szenarien, die die Dokumentation „The Last Tourist“ aufgezeigt hatte und formulierten ihre Forderungen für eine nachhaltige Tourismusentwicklung an die politischen Entscheidungsträger*innen und die Tourismuswirtschaft. Eine Klasse drehte ein Video, in dem problematische Seiten des Tourismus – wie die Plastikmüllproblematik, die Tierquälerei bei Shows oder respektloses Verhalten von Tourist*innen – auf humorvolle Art und Weise aufgearbeitet und Lösungsansätze gezeigt wurden. 
 
 

 1ÖBB Bahnreise- und Mobilitätsservice-Klasse
 Ausschnitte aus dem Video der Klasse 1ÖBB Bahnreise- und Mobilitätsservice (© Klasse 1ÖBB, März 2024)


 

Zum Abschluss des Projektes waren fünf Gestalter*innen eines nachhaltigen Tourismus aus verschiedenen Bereichen zu Gast in der Schule: Florian Sturm, Nachhaltigkeitsbeauftragter des „Social Business Hotels“ magdas in Wien, Klaus Steurer vom Reiseveranstalter Hauser Exkursion, Christian Brandstätter vom Magazin Lebensart REISEN, Günter Moser, der Direktor der Berufsschule für Handel und Reisen sowie Cornelia Kühhas von respect_NFI. In einem Podiumsgespräch stellten die Schüler*innen Fragen und erfuhren, wie die einzelnen Akteur*innen nachhaltigen Tourismus in ihrer Praxis umsetzen. 

© NFI/Anna Kodek
© NFI/Anna Kodek

 

Hauser Exkursionen ist ein weltweit agierender Wander- und Trekkingreiseveranstalter, TourCert-zertifiziert und Mitglied in mehreren Verbänden, die sich dem Kinderschutz, den Menschenrechten und einem ökologisch und sozial verträglichen Tourismus verpflichtet haben. Klaus Steuer wurde von den Schüler*innen gefragt, wie die Reisepartner*innen vor Ort auswählt werden. „Voraussetzung ist, dass auch ihnen ein Tourismus, der Natur und Menschen respektiert, wichtig ist“, erklärte Herr Steurer.  Die Partner*innen verpflichten sich, einen umfassenden Kriterienkatalog einzuhalten: „Dieser umfasst Umweltaspekte wie Mülltrennung, Recycling, Mobilität vor Ort, Kinderschutz, kulturelle Wahrnehmung.“ Kontrolliert wird deren Einhaltung von den Mitarbeiter*innen und Reiseleiter*innen vor Ort. „Unsere schärfsten Kritiker*innen sind aber unsere Kund*innen“, sagt Steurer. Falls Missstände gemeldet werden, versucht man diese gemeinsam zu beseitigen. 
 
Florian Sturm, der Nachhaltigkeitsbeauftragte des Hotel magdas, beantwortete Fragen der Schüler*innen zum Konzept des Hotels und zur täglichen Praxis. „Wir haben das erste Social Business Österreichs gestartet, um Menschen mit Fluchterfahrung eine Chance am Arbeitsmarkt zu geben.“ Das magdas bildet vorwiegend Menschen mit Fluchthintergrund zu professionellen Gastgeber*innen*innen aus, sie erhalten so Zugang zum Arbeitsmarkt. „60 Prozent unserer Mitarbeiter*innen*innen sind Menschen mit Migrationshintergrund, die anderen sind Hotelprofis“, erklärt Sturm. Im Fokus steht das Erlernen von Deutsch, aber auch von Englisch, das für die Kommunikation mit internationalen Gästen essenziell ist. Kurse für beide Sprachen werden vom Eigentümer Caritas angeboten. Das Konzept des Hotels ist aufgegangen – Florian Sturm berichtet, dass das Hotel gut laufe, die Auslastungszahlen lägen über dem Wiener Durchschnitt. 
 
Positive Beispiele vor den Vorhang! Das ist die Philosophie von Christian Brandstätter, dem Chefredakteur des Magazins „Lebensart Reisen“. Er packte seinen mitgebrachten, vollgepackten Rucksack aus und holte den schwersten Brocken raus: die Mobilität – bis zu zwei Drittel der CO2-Emissionen einer Reise werden dadurch verursacht. Daher appellierte er: „Halten wir beim Reisen unseren Rucksack klein und leicht!“ Im Lebensart-Magazin stellen er und seine Kolleg*innen nachhaltige Reisemöglichkeiten in Österreich und Europa vor. „Wir wollen unsere Leser*innen nicht mit Problemen stehen lassen, sondern mit Lösungen“, so Brandstätter.
 
„Auch wir als NGO wollen die positiven Seiten des nachhaltigen Reisens aufzeigen und Lust darauf machen“, sagt Cornelia Kühhas von respect_NFI. Dennoch sei es auch notwendig, hinter die Kulissen zu schauen. Informierte Reisende können bewusste Reiseentscheidungen treffen. „Hier am Podium sitzen Akteure, die nachhaltigen Tourismus vorantreiben. Doch um nachhaltiges Wirtschaften in der Breite voranzubringen, wird Freiwilligkeit allein leider nicht reichen. Hier sind auch die politisch Verantwortlichen gefordert, entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen zu setzen!“
 
Für die mit dem Österreichischen Umweltzeichen zertifizierte Berufsschule für Handel und Reisen ist der internationale Austausch wichtig, wie Direktor Günter Moser betonte: „Es ist wichtig, über den eigenen Tellerrand zu schauen und internationale Kooperationen zu forcieren.“ Günter Moser kam in seinem Statement auf die zentrale Botschaft des Filmes „The Last Tourist“ zurück: „Ohne Reisen geht es gar nicht. Nicht zu reisen ist keine Option. Es kommt immer auf das WIE an! Achten wir beim Reisen mehr auf den Händeabdruck statt auf den Fußabdruck!“ Und er gibt seinen Schüler*innen, die eine Lehre in der Tourismuswirtschaft absolvieren, mit auf den Weg: „Reisebüros können Multiplikatoren von nachhaltigem Reisen werden!“ 

Weiterführende Informationen:

Film „The Last Tourist“
https://www.youtube.com/watch?v=t_NyoQ_cjZ4
 
Hauser Exkursionen
https://www.hauser-exkursionen.de/
 
Hotel magdas
https://magdas-hotel.at/de/vienna-city
 
Magazin Lebensart REISEN
https://www.lebensart-reisen.at/
 
Berufsschule für Handel und Reisen
https://www.bshr.at/