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Peinda Faye (Photo: Jens Herbst)
Peinda Faye (Photo: Jens Herbst)

Starke Frauen in Senegal – ein Update nach 10 Jahren (von Ingeborg Pint)

Vor genau zehn Jahren habe ich nach einer Reihe eindrucksvoller Senegalreisen, die ich begleiten durfte, vier Frauen porträtiert, die für mich in unterschiedlichen Bereichen beispielhaft dafür waren, dass Frauen in Senegal ihr Schicksal in die Hand nehmen und einen engagierten eigenständigen Weg gehen. Bei einer vor Kurzem zu Ende gegangenen Reise konnte ich mit der von mir begleiteten Gruppe zwei dieser starken Frauen wieder einmal besuchen und mich von den Entwicklungen der letzten zehn Jahre überzeugen.

Binta Wane und die Frauen von Kamb

Photo: Jens Herbst
Photo: Jens Herbst

Die Vorsitzende der Gruppe „Union des Femmes pour le Développement Endogène de Kamb“, Binta Wane, und ihre Mitstreiterinnen haben sich merkbar professionalisiert. Ihre Arbeit und ihr Engagement sind sichtbarer geworden, sowohl in ihrem unmittelbaren Umfeld als auch bei nationalen und internationalen Organisationen, die mittlerweile auch Unterstützung geboten haben. So zum Beispiel das UNDP, das Entwicklungsprogramm der UNO, und die senegalesische Organisation ENDA. Durch diese Unterstützung konnten ein ca. 6 Meter tiefer Brunnen und zwei Pumpen eingerichtet werden. 2020 wurden die von einem privaten Sponsor finanzierten Sprinkleranlagen und die Tröpfchenbewässerung in Betrieb genommen.

Photo: Jens Herbst
Photo: Jens Herbst

Das von den Frauen bewirtschaftete Gebiet konnte erweitert werden, aktuell handelt es sich um drei Hektar, auf denen eine Vielfalt an Gemüse angebaut wird. Obstbäume liefern Mangos, Papayas und einige einheimische Obstsorten und haben einen günstigen Klimaeffekt. Das Engagement der Frauen für die Produktion gesunder Lebensmittel und Umweltschutz ist ungebrochen, auch wenn die Frauen eingestehen, dass die Arbeit mit zunehmendem Alter schwieriger wird; die Gießkannen, die punktuell noch verwendet werden, werden nur mehr zur Hälfte gefüllt, voll wären sie zu schwer. Immerhin haben die Frauen die Möglichkeit, auch junge Männer für schwere Arbeiten anzustellen, und hin und wieder kommen auch junge Menschen zu Studienzwecken in den Garten, die helfen können.

Photo: Jens Herbst
Photo: Jens Herbst

Die Arbeit der Frauen wird auch angesichts des Klimawandels schwieriger: Es regnet unregelmäßiger als noch vor einigen Jahren und oft so heftig, dass das Gelände überflutet wird. In der eigentlichen Trockenzeit im europäischen Winter 2022/23 ist noch so viel Regen gefallen, dass die Arbeit erst im Januar begonnen werden konnte. Der Klimawandel macht sich also stark bemerkbar, die Frauen können das mittlerweile auch so benennen und thematisieren.

Photo: Jens Herbst
Photo: Jens Herbst

Die Gruppe hat aber ein Nachwuchsproblem: Die Töchter der derzeit arbeitenden Frauen haben wenig Interesse an der schweren Arbeit. Andererseits gibt es mittlerweile fünf Frauengruppen im Wald von Mbao, die unter der Federführung der Frauen von Kamb zusammengeschlossen sind. Der Wald von Mbao als „Grüne Lunge“ Dakars wurde durch Autobahn- und Schnellbahnbau schwer beeinträchtigt. Umso wichtiger ist die Arbeit all dieser Frauen. Sie trägt zur Erhöhung der Artenvielfalt und zum Klimaschutz bei. Fachleute des UNO-Entwicklungsprogramms beraten die Frauen bezüglich Anbau und Vermarktung. Die UNO hat im Rahmen ihres Entwicklungsprogramms auch Praktikant*innen zur Unterstützung der Frauen während der Pandemie entsendet.

Die Bedeutung der Arbeit der Frauen für die Erhaltung beziehungsweise Wiederherstellung eines Ökosystems und für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung wird also voll anerkannt und unterstützt. Das war vor zehn Jahren noch nicht in diesem Ausmaß der Fall.
 
Peinda Faye und das Centre de Formation Professionnelle et Écologique Alioune Diagne Mbor (CFPE) bei Saint Louis – junge Frauen auf dem Weg in die Selbstständigkeit

Photo: Jens Herbst
Peinda Faye (Photo: Jens Herbst)

Der Kontakt europäischer Naturfreund*innnen mit Peinda Faye und ihrer Frauengruppe Koom-koomjaboot Gi (Frauennetzwerk für wirtschaftliche und soziale Entwicklung) begann 2009. Mit Spenden einer Reisegruppe konnte in Saint-Louis (Nordsenegal) ein kleiner Laden eingerichtet werden, in dem die Frauen die von ihnen hergestellten Säfte, Konfitüren und Kleidungsstücke verkauften.

Seither ist viel passiert. Angeregt von den Naturfreunden Saint-Louis (geleitet von Peinda Faye) und in enger Kooperation mit den Naturfreunden Rastatt (D) unter der Leitung von Uschi Böss-Walter sowie dank vieler engagierter Spenderinnen und Spender konnte in den Jahren 2011 bis 2013 in Bekhar bei Saint-Louis ein Kinderhort („garderie“) errichtet werden. So wurde für die Frauen, die auf den umliegenden (Salz)Feldern arbeiten, eine Möglichkeit geschaffen, ihre Kinder professionell betreuen zu lassen. In der Einrichtung erhalten die Kinder eine Grundalphabetisierung und werden verpflegt. Spiel und Spaß kommen dabei nicht zu kurz.

Photo: Jens Herbst
Photo: Jens Herbst

Aber damit nicht genug: Wieder von Peinda Faye und den Naturfreunden Rastatt unter der Führung von Uschi Böss-Walter angestoßen, entstand der Plan, ein Ausbildungszentrum für junge Frauen und Mädchen zu errichten. Dies vor dem Hintergrund der prekären Lebensbedingungen der Familien in der Region, vor allem der Mädchen und Frauen. Dieser Plan konnte dank einer 75%-Finanzierung durch das deutsche Umweltministerium realisiert und das Ausbildungszentrum in den Jahren 2017/18 errichtet werden.

In dem Zentrum wird eine dreijährige Ausbildung in den Bereichen Küche und Gastronomie, Verarbeitung von Obst und Gemüse, Schneiderei, Färberei und Friseurgewerbe angeboten. Neben dieser fachlichen, berufsorientierten Ausbildung bietet das Zentrum auch Alphabetisierungskurse und – in besonderen Lehreinheiten – die Vermittlung ökologischen Wissens.

Photo: Jens Herbst
Photo: Jens Herbst

Peinda Faye war in allen Phasen der Projektplanung und -durchführung die treibende Kraft und ist nach wie vor die Hauptverantwortliche für den erfolgreichen Betrieb der Einrichtung. Sie ist die Vorsitzende der Naturfreunde Saint-Louis, Gemeinderätin und eine engagierte Kämpferin für Frauenbildung und -empowerment. Die Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung ihrer Gemeinde liegt ihr am Herzen, und so ist ihr Anliegen, den Absolventinnen der Lehrgänge im Centre auch bei der Suche nach Praktika und Jobs behilflich zu sein.

Die Ausbildung für ca. 150 junge Mädchen und Frauen startete im Oktober 2018, 2021 wurden die ersten Abschlussdiplome an die jungen Frauen überreicht. Seither läuft die Ausbildung weiter, und eine Nähwerkstatt wurde errichtet. Hier können die Frauen die von ihnen hergestellten Produkte auch verkaufen, z.B. Bekleidung, Seifen, Säfte etc.

Photo: Ingeborg Pint
Photo: Ingeborg Pint

Es war sehr erfreulich, die jungen Mädchen und Frauen in den verschiedenen Lehrsälen bei der Arbeit zu sehen und Kostproben der in der Lehrküche hergestellten Produkte serviert zu bekommen. Die Freude an der Arbeit und der Stolz, einer europäischen Gruppe das Gelernte präsentieren zu können, war deutlich spürbar.

So ist innerhalb sehr kurzer Zeit etwas entstanden, das nachhaltig zur Besserstellung der Frauen in den Dörfern und damit auch der gesamten Dorfbevölkerung beiträgt. Wenn auch die Finanzierung vor allem aus Deutschland gekommen ist, wäre all das nicht möglich gewesen ohne Peinda Faye und ihre Helferinnen.

Das Projekt bietet Chancen, die auch ergriffen werden. Es ist im ländlichen Raum Senegals nicht selbstverständlich, dass Eltern ihre Töchter für zukunftsfähige Berufe ausbilden lassen, statt sie in die Salzfelder zu schicken, wo sie unter extrem schwierigen und gesundheitsschädlichen Bedingungen arbeiten, beziehungsweise dass junge Mädchen und Frauen sich selbst für den Weg dieser Ausbildung entscheiden, um sich zu emanzipieren – alle diese jungen Mädchen und Frauen sind eine neue Generation „starker Frauen“.

Die Rolle von Frauen im Projekt „Obstbäume für senegalesische Dörfer“
Wir haben bei unserer Reise auch Dörfer in Nordsenegal besucht, in denen im Rahmen des NFI-Klimafonds die Pflanzung von Obstbäumen in den Familiengehöften unterstützt wurde. Auch hier spielen die Frauen eine wichtige Rolle: Sie sind es, die sich um die Pflege der Bäume kümmern, das geerntete Obst verkaufen oder selbst (direkt vom Baum oder weiterverarbeitet) verwenden. So tragen sie einerseits zum Familieneinkommen bei, andererseits liefert das Obst auch gesunde Nahrung – und die Bäume sind Schattenspender und verbessern so auch das Klima in den Dörfern. Viele dieser Frauen konnten wir in den Dörfern Lobodou, Doué und Dimatt kennenlernen und einige auch fragen, welche Bedeutung die Obstbäume für sie haben:

Faty Hamadi Sall, Loboudou

"Ich liebe die Bäume, weil sie eine lebenswichtige Rolle für uns spielen. Die Obstbäume spenden nicht nur Nahrung für uns, sie sind auch eine Naturapotheke. Ich gieße meine Pflanzen Tag und Nacht, und dünge sie regelmäßig, damit sie wachsen." Zum Video

Mariam Watt, Doué

"Ich stamme aus Doué, hier bin ich aufgewachsen und hier habe ich auch geheiratet. Ich liebe die Bäume, sie sind eine echte Leidenschaft für mich. Oft träume ich nachts von den Bäumen, weil sie so wichtig für mich sind. Und ich spreche auch mit ihnen und kümmere mich um sie. Wir haben aber auch Probleme mit nicht so guten Böden, aber wir bemühen uns, damit die Bäume trotzdem normal wachsen können. Wir haben die Bäume teilweise auf unseren Feldern gepflanzt, teilweise in unseren Gärten." Zum Video
 

Die Portraits der Frauen 2013: respect_NFI-tourism_LOG