
Links Film „The Last Tourist“
Call4Action: Nachhaltigen Tourismus aktiv mitgestalten!
Das waren die Travel Action Days 2025!
Bereits zum 2. Mal fanden unsere Travel Action Days statt. Vier Klassen der Berufsschule Handel und Reisen und zwei Klassen der HLA-Baden machten sich über einen längeren Zeitraum darüber Gedanken, welche Auswirkungen die Tourismusbranche auf unsere Umwelt und die Menschen vor Ort hat.
Phase 1 – Die Dokumentation „The Last Tourist“
“Has Tourism losts its way”, der treffende Untertitel sagt aus, worum es in der 2021 produzierten Dokumentation geht. Die Produzenten Jesse Mann und Tyson Sadler setzten sich mit den Schattenseiten des globalen Tourismus auseinander.
Der Film beleuchtet, wie Social Media unser Reiseverhalten verändert hat, ob Tourismus eine „one way conversation“ beziehungsweise „a transfer of one western environment to another“ ist.
Auf eine polarisierende Weise setzt sich die Dokumentation u.a. mit Kreuzfahrten, Tierleid im Tourismus, Freiwilligen-Tourismus und dem Besuch von Waisenhäusern auseinander.
Dass Tourismus eine Lösung sein kann, von der alle profitieren und nicht nur eine kleine Minderheit, wird anhand positiver Beispiele quer über den Erdball gezeigt.

Phase 2 – Workshops an den Schulen
Auf Basis des Films haben rund 60 Schüler*innen Konzepte in Form von Videos und Präsentationen erarbeitet, wie nachhaltiger Tourismus aus ihrer Sicht funktionieren soll, welche Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen und wie sich die Globalen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals | SDGs) einbauen lassen. Außerdem wurden Fragen und Forderungen für eine nachhaltige Tourismusentwicklung an unterschiedliche Stakeholder*innen formuliert.
Phase 3 – Podiumsdiskussion an der Berufsschule für Handel und Reisen
Am Ende des Projekts begrüßten wir am 19. März bei einer Podiumsdiskussion fünf Expert*innen aus verschiedenen Bereichen an der Berufsschule für Handel und Reisen: Verena Brandtner-Pastuszyn vom Stadthotel Henriette, Sonja Miko von Indigotours, Elias Bohun von Traivelling, Christian Brandstätter vom Magazin Lebensart REISEN, Günter Moser - Direktor der Berufsschule für Handel und Reisen und Rudi Anschober – Autor des Buches „Wie wir uns die Zukunft zurückholen“, Vortragender und Berater.
Die Schüler*innenvertreter*innen der Klassen stellten einige der in den Workshops ausgearbeiteten Fragen und erhielten spannende Einblicke:
Im Team von Verena Brandtner-Pastuszyn vom Stadthotel Henriette stehen Mitarbeiter*innen Fairness, regionale Wertschöpfung und die Erstellung einer Gemeinwohl-Bilanz an oberster Stelle. Frau Brandtner-Pastuszyn erzählte über die Gemeinwohlökonomie und dass ihr erst beim Beschäftigen mit dieser Form des Wirtschaftens, die weit über gesetzliche Rahmenbedingungen hinaus geht, so richtig bewusst wurde, dass ihr Team in den vergangenen Jahren bereits intuitiv nachhaltig agierte. An die Tatsache, dass sich manche Gäste über den fehlenden Orangensaft beim Frühstück beschweren, hat sich die Inhaberin gewöhnt und macht im Gegenzug regionalen Apfelsaft schmackhaft. „Interne Meetings fangen im Stadthotel Henriette immer damit an, dass man sich zuerst gegenseitig etwas Nettes sagt, bevor man zur Agenda übergeht und auch den Fokus auf Dinge legt, die gut laufen, anstatt immer nur Probleme zu wälzen“, so Verena Brandtner-Pastuszyn.
Sonja Miko ist Geschäftsführerin von Indigotours, einem der größten Yoga-Reiseveranstalter im deutschsprachigen Raum. Auf die Frage, wie sie auf die Idee gekommen ist, Indigotours zu gründen und nach welchen Kriterien sie ihre Partner*innen vor Ort aussucht, gab Sonja Miko folgendes Statement: „Ich komme aus dem klassischen Tourismus und es entspricht nicht meinen Werten, wenn Menschen ausgebeutet werden. Es muss einen Weg für einen Tourismus geben, der nicht jeden Cent ausquetscht. Mit der Zeit bekommt man ein Gefühl, ob Nachhaltigkeit gespielt wird oder es die Leute ernst meinen“. Sonja Miko, die jedes ihrer Hotels persönlich kennt, war ihrer Zeit voraus und hat im Gründungsjahr 2005 keine einzige Reise verkauft. Mittlerweile ist diese Art zu reisen ein Trendprodukt geworden, und der oberösterreichische Spezialreiseveranstalter konnte qualitativ und mit einem hohen Wertesystem wachsen.
Über die Herausforderungen des Transportwesens sprach Elias Bohun von Traivelling. Laut Herrn Bohun müssten Bahnbetreiber zu einer länderübergreifenden Kooperation gezwungen werden, da diese freiwillig bedauerlicherweise nicht funktioniert. Konkurrenz und Profitmaximierung sind nur einer der vielen Gründe.
Einen besonderen Eindruck hinterließ er bei den Schüler*innen, als er ihnen erzählte, dass es sein bisher coolstes Erlebnis war, nach der Matura mit der Bahn in den Vietnam zu reisen. In den zwei Wochen des Unterwegsseins sind viele Freundschaften entstanden. Während des Tages standen meist aufregende Städte am Programm, viele Nächte habe Elias im Zug geschlafen und bei der Rückfahrt hatte er Zeit, seinem Bruder ein eigenes Stofftier zu nähen. Aus dieser Reise entstand 2020 sein Herzensprojekt: das Zugreisebüro Traivelling. Aus der Tatsache heraus, dass seine Reise seit dem Ausbruch des Ukraine Krieges sowie weiteren politischen Unruhen nicht mehr in dieser Art durchführbar ist, hat er sich entschieden sein Businessmodell zu ändern und investierte bereits rund 1 Mio. Euro in eine eigene länderübergreifende Bahnbuchungsplattform für Zugreisen in Europa, welche 2025 gelauncht werden soll.
Wie Medien einen nachhaltigen Einfluss haben, erörterte Christian Brandstätter. Er ist Gründer und Gesellschafter des Lebensart-Verlages und leitet den Bereich LEBENSART Reisen. Er stellte klar, dass „soziale Medien“ weder sozial noch Medien sind. Man spreche vielmehr von digitalen Plattformen. Auf die Frage, ob es in Zeiten von Influencern noch Reisejournalist*innen braucht, hatte er eine klare Antwort: „Der Unterschied ist die Bezahlung – bei Journalist*innen bezahlt das Medium, bei Influencern die Werbung. Dieser Fakt hat einen wesentlichen Einfluss auf die Berichterstattung, denn es ermöglicht objektiver zu schreiben.“
Dass eine positive Zukunftsversion besonders für junge Menschen wichtig ist, betonte Rudolf „Rudi“ Anschober. Der ehemalige Gesundheitsminister gab eine kurze Lesung aus seinem Buch „Wie wir uns die Zukunft zurückholen“ und stellte sich im Anschluss den Fragen der Schüler*innen, wie er beispielsweise jungen Menschen Sicherheit in der Zukunft geben kann. Rudi Anschober appellierte, sich positive Narrative zu suchen und sich zu überlegen, wie meine Gemeinde, mein Leben, der Tourismus in 15 Jahren aussehen soll. Auf diese Weise bekommt man ein Gefühl für die Zukunft. Je mehr wir uns in Dystopien verlieren, desto eher schwindet unser Anker, die eigene Hoffnung. Er kritisierte, dass „only bad news good news“ sind und zu wenig über die bereits erreichten Ziele im Hinblick auf Klimaschutz berichtet wird. Er vermittelte das Gefühl, dass Klimaschutz Spaß macht.
Last but not least betonte Günter Moser, Direktor der Berufsschule für Handel und Reisen, dass Bildung und nachhaltige Entwicklung Hand in Hand gehen. Er bedauerte, dass sich Menschen im pädagogischen Bereich aber auch in unserer Gesellschaft noch immer zu wenig mit diesem wichtigen Thema auseinandersetzen. Abschließend betonte er die Notwendigkeit, Nachhaltigkeit in allen Unterrichtsfächern zu verankern, damit die Schüler*innen das Gelernte in die Betriebe und in die Welt hinaustragen können.