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Afterwork für Reisebüros
Afterwork für Reisebüros

Afterwork für Reisebüros zum Thema Impact Reporting

Afterwork Reisebüros

 

respect_NFI, das Österreichische Umweltzeichen und der Fachverband der Reisebüros luden am 24. Oktober 2023 zum Online-Afterwork zum Thema
 
IMPACT REPORTING: Was bedeutet „Wirkung“? Wie kann ich sie messen und darüber berichten?

Wir sprachen mit CONSTANZE STOCKHAMMER (Social Entrepreneurship Network Austria), CHRISTOPH SCHWEIFER (goalkeepers – Beratung für zukunftsfähiges Wirtschaften) & HARALD A. FRIEDL (FH JOANNEUM Bad Gleichenberg). Moderation: Kerstin Dohnal.

Afterwork für Reisebüros
Constanze Stockhammer, Kerstin Dohnal, Christoph Schweifer und Harald A. Friedl (© NFI)

 

Die erste zentrale Frage, nämlich: Was ist Impact?, beantwortet Constanze Stockhammer, Vorsitzende des Social Entrepreneurship Network Austria mit dem Hinweis, dass die Übersetzung des Wortes „Impact“ schlichtweg „Wirkung“ bedeutet – dass wir aber bei „Impact“ und „Wirkung“ im Kontext von Nachhaltigkeit immer über die positive Wirkung, die wir anstreben und erzielen, sprechen. Nicht zu verwechseln sei „Impact“ auch mit „Output“, also dem, was wir tun bzw. produzieren. Die Wirkung unseres Handelns liegt jenseits dessen, was wir tun. Wir können z.B. eine Schule bauen, unsere Wirkung liegt aber in dem, was der Zugang zu Bildung für die Menschen der Region bedeutet und bewirkt.

Unsere Wirkung ist also kein unmittelbares Resultat unserer Handlungen. Darin liegt letztendlich auch die Herausforderung bei der Messung. Die Wirkungsmessung steckt noch in den Kinderschuhen, bietet aber gerade deshalb zahlreiche Möglichkeiten zur Mitgestaltung und zum niederschwelligen Einstieg. Constanze Stockhammers Empfehlung ist daher, sich auf einen Bereich zu fokussieren, in dem man Wirkung erzielen und messen will. Daraus ergeben sich in Kombination mit den Produkten und Aktivitäten die entsprechenden Indikatoren für die Messung.

Dabei sollte man sich zu Beginn auf einige wenige konzentrieren, da man sich sonst schnell überfordert fühlen kann. Drei oder vier Indikatoren in dem Feld meines Fokus – z.B. CO2-Fußabdruck oder faire Arbeitsbedingungen und Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region – reichen aus, um mit der Messung und Berichterstattung zu beginnen.

Constanze Stockhammer zieht hier Parallelen zu einem Garten. Man setzt Samen ein und pflegt und gießt sie, bis kleine Pflanzen daraus keimen, die man dann immer weiter hegt und pflegt, bis sie reife Früchte tragen. Es ist ein Prozess, den man mit der Eingrenzung des Wirkungsbereiches und Festlegung der ersten Indikatoren wunderbar nachverfolgen kann.

Warum sollte ich meine Wirkung kennen?

Nachdem Wirkung nicht als sofortige Folge unseres Handelns sichtbar ist, macht es besonders Sinn, sich mit den Konsequenzen unseres unternehmerischen Handelns entlang der gesamten Lieferkette zu befassen. Als Beispiel dafür nennt Constanze Stockhammer die Bekleidungsindustrie. Nachdem ein Hersteller in die Medien geraten ist, weil seine Produkte mit Hilfe von Kinderarbeit produziert wurden, gab es den Aufruf zum Boykott der Marke. Diese zeigte seine Wirkung darin, dass zahlreiche Kinder aus der Fabrik entlassen wurden, deren Familien aber auf das Einkommen angewiesen waren. Aus Not landeten viele dieser Kinder auf dem Strich. Die schnellste Lösung bringt also oft nur oberflächliche Ergebnisse und wirkt ganz anders als erhofft. Daher soll man sich dem zugrunde liegenden Problem widmen und die Wirkung in dem Bereich ansetzen und kultivieren.

Für Christoph Schweifer von der Beratungsagentur Goalkeepers geht es beim Erkennen und Kennen der Wirkung des eigenen Unternehmens um die Zukunftsfähigkeit und die Freude an der Nachhaltigkeit gleichermaßen. Als Betrieb, der sich nicht mit Nachhaltigkeit beschäftigt, bin ich nicht mehr am Puls der Zeit und werde mittelfristig nicht mehr funktionsfähig sein. Die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung ab 2024 trifft nämlich sehr wohl auch die kleinen Betriebe, nämlich als Teil der Lieferketten. Gerade die Reisebranche ist hier gefordert, sich mit der eigenen Rolle und Wirkung innerhalb der Lieferkette auseinanderzusetzen. Christoph Schweifer sagt von sich selbst, dass er sich in die SDGs verliebt hat. Für ihn geht es bei der Frage, warum man sich das Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung „antun“ soll, um die Entdeckung der Freude am Thema Nachhaltigkeit noch bevor die Richtlinie uns dazu zwingt. Es ist ja kein Geheimnis, dass „Wollen“ und „Dürfen“ viel mehr Freude bringt als das unbeliebte „Müssen“.

Wie kann ich Impact messen?

Die Wirkungsmessung steckt noch in den Kinderschuhen. Gerade in der Tourismusbranche liegt der Fokus noch fast ausschließlich auf quantitativen Zahlen und Fakten, die lediglich produktive Ergebnisse darstellen, wie z.B. die Anzahl der transportierten Gäste, die Auslastung der zur Verfügung stehenden Betten oder kompensierte Flugmeilen. Zwar sollen uns Kund*innenbefragungen Auskunft über die Qualität unserer Produkte geben, doch qualitative Daten zu den Produkten und Leistungen selbst werden nicht abgefragt – und schon gar nicht im Kontext von Nachhaltigkeit. Das macht die Auseinandersetzung mit der Wirkungsmessung auch so herausfordernd. Sie liegt außerhalb unserer gewohnten Messpfade und es gibt noch wenige Vorbilder, an denen wir uns orientieren können. Constanze Stockhammer schlägt vor, sich in einem Bereich drei bis fünf Indikatoren zu suchen, die man messen möchte. Das gelingt am besten, wenn man sich gut mit der Auswirkung seiner Tätigkeit vor Ort auseinandersetzt.

Es kann zum Beispiel ein Reiseangebot in einer Region Arbeitsplätze für Frauen schaffen, die sonst keine Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit haben. Das kann in weiterer Folge dazu führen, dass Kinderbetreuung ein Thema wird oder die Aus- und Weiterbildung von Frauen für die entstandenen Berufe. Ein Indikator könnte also sein: Wie viele ausgebildete Frauen gibt es in der Region im Vergleich zum Vorjahr? Wie viele Kinderbetreuungsplätze gibt es in der Region im Vergleich zum Vorjahr? Wurde Infrastruktur errichtet bzw. ausgebaut? Hier haben wir dann mit unserem Reiseprodukt einen Samen gepflanzt, dessen Wachstum und Entwicklung wir messen können, bis er langsam Früchte trägt.

Im Kontext von Umweltbewusstsein kann beispielsweise die Organisation von regelmäßigen Strandsäuberungen dazu führen, dass die Gemeinden sich mit dem Thema Müll auseinandersetzen und entsprechende Infrastruktur zur Entsorgung errichten bzw. Maßnahmen zur Müllvermeidung einleiten. Als Indikator könnte hier die Anzahl der Mülltonnen am Strand, die Mülltrennung in den Unterkünften oder die Erstellung entsprechender Richtlinien und Aufklärung darüber herangezogen werden.

Wichtig ist es, sich mit der gewünschten Wirkung gezielt auseinanderzusetzen und sich immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass die gewünschte Wirkung nicht als unmittelbares Ergebnis sichtbar wird. Vielleicht erzielt man sogar eine andere positive Wirkung, die man zuvor nicht absehen konnte. Auch das ist Erfolg und darf gemessen und berichtet werden. Das kann auch Anlass für weitere Maßnahmen sein, die das Wirkungsfeld erweitern. Grade im Tourismus sind die Möglichkeiten zahlreich.

Warum ist Impact gerade für touristische Unternehmen relevant?

Constanze Stockhammer bestätigt, dass im Bereich des Sozialunternehmertums noch viel Potenzial im Tourismus steckt, das derzeit noch nicht genutzt wird. Mit Produkten und Leistungen Geld zu verdienen, die dabei auch die Lebensbedingungen bzw. -qualität für Menschen verbessern, kann gerade im Tourismus gut gelingen. Tourismus wirkt quer durch alle Gesellschaftsschichten, Kulturen und Lebensbereiche.

Harald Friedl, Philosoph und Professor für Tourismusethik, nähert sich von der denkerischen Seite dem Thema und erinnert daran, dass wir im Tourismus Sehnsüchte schüren, die wir im Anschluss befriedigen sollen bzw. müssen. Die Sehnsucht nach einer nachhaltigen Welt und einem guten Miteinander gehört hier definitiv zu diesen großen Sehnsüchten. Immerhin möchte niemand an vermüllten Stränden liegen, durch abgeholzte Wälder wandern oder von ausgebeuteten Menschen umgeben sein oder gar bedient werden. Im Urlaub sehnen wir uns nach der heilen Welt und im Tourismus haben wir die Möglichkeit, die Welt mitzugestalten, denn auch die Kund*innen sind gewissermaßen Touristiker*innen, die mit ihren Entscheidungen und Erwartungshaltungen Ansprüche an die Welt und an die Branche stellen.

Auf das Argument, dass Reiseveranstalter zwar der Hebel zur Veränderung sind, dabei aber sicherlich die Großen den ersten Schritt machen müssten, da sie zum einen mehr bewirken können und zum anderen mehr Ressourcen für die Berichterstattung zur Verfügung haben, verweist Harald Friedl auf eine Entscheidung, die jedes Unternehmen und jede*r Unternehmer*in direkt oder indirekt trifft: Will ich getrieben sein oder nutze ich eine Chance? Komme ich erst unter Stress und bei unmittelbarer Bedrohung (meines Geschäftes) ins Handeln – was meistens nicht zu den klügsten und langfristigen Entscheidungen führt – oder handle ich lieber mit Bedacht aus einer beruhigteren Situation heraus? Oder erstarre ich komplett und tue gar nichts? Letztendlich, so Harald Friedl, ist auch Stillstand immer eine Möglichkeit, allerdings nur eine, deren Ausgang uns meistens weder gefällt noch guttut. Hier sieht er die Aufgabe von Touristiker*innen als Reiseberater*innen sowie Nachhaltigkeitsberater*innen gleichermaßen, die Menschen für die Nachhaltigkeit und die Freude daran empfänglich zu machen. Womit wir bei der letzten Frage angelangt sind:

Welche Vorteile hat es für mein Unternehmen, meinen Impact zu messen?

Die Vorteile der Impact Messung liegen klar auf der Hand:

  • Durch die intensive Beschäftigung mit der eigenen Lieferkette lernen wir auch unsere Wirkungskette kennen und können dadurch negative Wirkung minimieren und positive Wirkung erhöhen.
  • Wir sind zeitgerecht auf die Herausforderungen der verpflichtenden Berichterstattung vorbereitet und können bereits gegenüber größeren Geschäftspartner*innen, die zur Berichtslegung entlang der Lieferkette verpflichtet sind, als attraktiver Partner*innen auftreten, die ihre Hausaufgaben bereits gemacht haben.
  • Wir dürfen die Freude an der Nachhaltigkeit und der positiven Wirkung des eigenen täglichen Tuns entdecken und Mitarbeiter*innen wie Partner*innen Sinn in ihrer Tätigkeit bieten. Dadurch sind wir auch in Zukunft wettbewerbsfähig, denn sinnvolle Arbeit steht bei der jungen Generation ganz oben auf der Prioritätenliste.

Das Fazit und gleichzeitig die Einladung unserer Moderatorin Kerstin Dohnal an uns alle lautet kurz und knapp:
Verlieben wir uns immer wieder neu in die SDGs. Wählen wir die Veränderung als unsere treue Begleiterin. Erinnern wir uns an den Grund, warum wir im Tourismus tätig sind, an unsere Liebe für die Menschen und die Welt und unsere Leidenschaft für das Reisen. In uns stecken Rebell*innen. Lassen Sie uns das ausleben und zu Rebell*innen der Reisebranche werden, die darüber berichten. Ich bin überzeugt, dass es sich für alle lohnt.

Einen Video-Mitschnitt des Afterworks finden Sie auf unserem Youtube-Kanal:

https://youtu.be/Z02vExUUN4A

 

ADA